Anmerkungen von Stefan Haupt
Am 11. August 1999 bestieg ich am frühen Morgen in Zürich den Zug nach Strasbourg, um dort die totale Sonnenfinsternis zu erleben, welche an jenem Tag im Elsass und in Süddeutschland zu beobachten war. Dort, am Quai de la Petite France, wartete ich unter Hunderten, vielleicht sogar
Tausenden von anderen Menschen auf den grossen Moment. Wir hatten Glück. Die Sonne schien
zur Mittagszeit. Das plötzliche Eindunkeln, das Verstummen der Vögel und Menschen, die Fahlheit
des Lichts, die eintretende Kühle: es war ein magischer, unheimlicher Moment, und man verstand
instinktiv, weshalb bis in die Neuzeit hinein Sonnenfinsternisse als Unheil bringende Zeichen
göttlicher Schicksalsmächte galten.
Elf Jahre später erhielt ich von Lukas Hartmann Post. Der bekannte Schweizer Autor sandte mir seinen neusten Roman zu – «FINSTERES GLÜCK» – dessen Erzählung mit genau diesem Tag beginnt. Ich begann das Buch zu lesen und war sofort in seinen Bann gezogen.
Ein kleiner Junge, Yves, mit einem dunklen Geheimnis, der in einer Familie aufwächst, die ihm keine wirkliche Geborgenheit bietet. Die Beziehung seiner Eltern: überschattet von massiven gegenseitigen Vorwürfen, finanziellem Druck, häuslicher Gewalt. Nach dem tödlichen Autounfall steht der Knabe auf einen Schlag mutterseelenallein da, völlig schutzlos sich selbst überlassen.
Und daneben eine Psychologin, Eliane, alleinerziehend und autonom, die dem Schmerz über den Abschied der «Kinderjahre» kühl und rational begegnet. Dass es mit der grossen Liebe in ihrem Leben nicht wirklich geklappt hat: für sie ist es überwunden. Gefühle und Sehnsüchte werden im Beruf professionalisiert und domestiziert.
Diese beiden Menschen treffen nun – am Tag der Sonnenfinsternis – aufeinander. Was daraus entsteht, ist eine zarte, ungewöhnliche «Liebesgeschichte»: Der Knabe spürt instinktiv, dass die Traumatherapeutin fähig ist, seinem Schicksal zu begegnen. Und gleichzeitig bringt er sie völlig unverhofft mit ihrer eigenen, ungelebten Trauer in Kontakt. Sie, die den Auftrag erhalten hat, Yves zu heilen, erfährt, dass dieser Knabe genauso für sie und ihre Familie zum Katalysator wird. Denn auch Elianes Töchter können sich diesem Sog nicht entziehen, alle werden sie in der Folge an den Ort ihrer Verletzungen herangeführt.
Das universelle Thema Familie, das uns alle betrifft und betroffen macht; die Grenze zwischen Beruflichem und Privatem, die immer stärker verwischt; der Kampf um Liebe, Zugehörigkeit und Geborgenheit, die Frage nach Schuld und Unschuld – was schliesslich zählt, ist die Kraft, sich schonungslos dem Erlebten, dem eigenen Schicksal in seiner ganzen Tiefe zu stellen. Dass im Roman dann auch noch der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald in Colmar eine wichtige Rolle spielt – ein Gemälde aus dem späten Mittelalter, das ich seit meiner eigenen Kindheit kenne und liebe –, hat mich berührt. Und doppelt gefreut.
Stefan Haupt
1961geboren in Zürich
1978-79Austauschjahr in den USA (Jeannette, PA)
Matura Typus B
Klavier-, Oboen- und Gesangsunterricht
1985-88Schauspiel Akademie Zürich
(Diplom als Theaterpädagoge)
seit 1989freischaffender Filmemacher und Regisseur
Gründung der Fontana Film (seit 2004 Fontana Film GmbH)
2008-10Präsident Verband Filmregie und Drehbuch Schweiz
Verheiratet, vier Kinder, wohnhaft in Zürich
Filmografie
2016 Finsteres GlÜck, Spielfilm, 114 Min., Drehbuch, Regie;
Produktion: Triluna Film in Koproduktion mit Fontana Film
nach dem gleichnamigen Roman von Lukas Hartmann
2015 Mare Nostrum – ein konzert. eine reise., Dokumentafilm, 57 Min.,
Regie: Michelle Brun und Stefan Haupt, Produktion: Vivante Productions
2014 Der Kreis, Dokufiction, 102 Min., Drehbuch und Regie;
Produktion: Contrast Film Zürich
Teddy-Award und Publikumspreis an den 64. Int. Filmfestpiele Berlin Sektion Panorama Dokumente 2014; 19 weitere Jury- und Publikumspreise an über 170 weiteren Filmfestivals.
Schweizer OSCAR-Kandiat als «Best Foreign Language Film».
Schweizer Filmpreis 2015 in den Kategorien: «Bester Spielfilm», «Bestes Drehbuch», «Bester Darsteller» und «Beste Darstellung in einer Nebenrolle».
2012 Sagrada – el misteri de la creació, Dokumentarfilm, 90 Min.,
Drehbuch, Regie und Produktion
Erasmus EuroMedia Awards 2013: «Special Prize for outstanding performance on cultural history»; Kyiv International Documentary Film Festival «Kinolitopys»: Winner in nomination «Architecture»; Locarno International Film Festival – Semaine de la critique, Miami International Film Festival, USA, 2013; ArtFiFa, Festival Int. du Film sur l´Art, Montreal, Kanada – in competition, 2013; Thessaloniki Documentary Filmfestival, Griechenland, 2013; FCLM Festival du Cinéma Latino-américain de Montréal, 2013; Doc Planet, Warschau, Polen – in competition; ARTECINEMA, Neapel, Italien, 2013; ADFF, Architecture and Design Film Festival, New York, USA.
2010 How About Love, Spielfilm, 110 Min., Drehbuch und Regie;
Produktion: Triluna Film in Koproduktion mit Fontana Film
Nomination Schweizer Filmpreis 2011 «Bester Nebendarsteller»
Hofer Filmtage, 2010; Int. Indian Film Festival, 2010; Max Ophüls Preis Filmfestival; Saarbrücken, 2011; Berlin & Beyond, San Francisco, 2011; div. Festivals und Aufführung in Lissabon, Los Angeles, Atlanta, Brüssel, Yogyakarta, Hanoi, Bangkok, Chiang Mai.
2006 Ein Lied fÜr Argyris, Dokumentarfilm, 105 Min., Drehbuch, Regie und Produktion
Nomination Schweizer Filmpreis 2007 «Bester Dokumentarfilm»
Auszeichnung «Succès Zürich», 3. Rang
Publikumspreise am 9. Int. Dokumentarfilmfestival Thessaloniki und am Los Angeles Greek Film Festival 2007; «Kontakt» Int. Dokumentarfilmfestival Kiev 2007; DOK.fest München 2007; Festival IFFI Innsbruck; Locarno; Sarajevo; Bogotà; IFFK Kerala 2007.
2004 Downtown Switzerland, Dokumentarfilm, 94 Min., Idee, Co-Autor, Co-Regie und Koproduktion mit Christian Davi, Kaspar Kasics, Fredi M. Murer
Molodist Internationales Filmfestival Kiev, 2005
Max Ophüls Preis Filmfestival Saarbrücken, 2007
2003 Moritz, Fernsehspielfilm, 87 Min., Co-Autor und Regie;
Produktion: Triluna Film in Koproduktion mit Fontana Film
Baden-Baden (nominiert für den Fernsehfilmpreis), Solothurn, Philadelphia, Miami, Freiburg, Montreal, Toronto, Korea.
2002 Elisabeth KÜbler-Ross – Dem Tod ins Gesicht sehen,
Dokfilm, 98 Min., Drehbuch, Regie und Produktion
Nomination Schweizer Filmpreis 2004 «Bester Dokumentarfilm»
Qualitätsprämie des EDI
Molodist Internationales Filmfestival Kiev 2003, DOK.fest München, Doc Aviv, MAX Filmfestival Hongkong 2004, u.a.m.
2001 Utopia Blues, Spielfilm, 97 Min., Drehbuch und Regie;
Produktion: Triluna Film in Koproduktion mit Fontana Film
Schweizer Filmpreis 2002 «Bester Spielfilm» und «Bester Darsteller»
Studienprämie des EDI
Zürcher Filmpreis
Max Ophüls-Preis 2002 «Bestes Drehbuch» und «Bester Darsteller»,
Grosser Preis Molodist Internationales Filmfestival Kiev 2002,
San Francisco, Solothurn, Saarbrücken, Pristina, Schwerin (Wettbewerb), Bolzano,
Toru, Montecattini, Locarno, Skopje, Jakarta, Mons, Riga, Sevilla, Trepianske Teplice,
Thessaloniki, Pusan, Bratislava, Stuttgart, Québec, Sousse, Colombo, Singapore, Valladolid,
u.a.m.
2000 IncreschantÜm (Heimweh), Dokumentarfilm, 68 Min.
Drehbuch, Regie und Produktion
1998 I’m just a simple person, Dokumentarfilm, 49 Min.
Drehbuch, Regie und Produktion,
Studienprämie des EDI
In Entwicklung
Zwingli – Der Reformator (AT), Spielfilm, Co-Autor und Regie;
Produktion: C-Films (Anne Walser)
Zürcher Tagebuch (Zurich Diary), essayistischer Dokumentarfilm
Drehbuch, Regie und Produktion